„Das Wort Interview kommt aus dem Anglo-Amerikanischen und konnte sich im 20. Jahrhundert auch im deutschen Sprachraum durchsetzen. Es stammt eigentlich von [sic!] französischen »entrevue« ab und bedeutet »verabredete Zusammenkunft« bzw. sich »kurz begegnen«.“[1] [1]http://arbeits
blaetter.
stangl-taller.at/
FORSCHUNGS
METHODEN/
Interview.shtml,
Zugriff am 15.06.08.
Inter-view tritt zunächst als Einsicht gegenüber, die offenbar mehrerer Pole bedarf, zwischen die sie treten kann, einen Abstand, in und aus dem sie sich entwirft. Die Ahne Entrevue ist zunächst Treffen, Begegnung, Zusammenkunft – bei der auch gesprochen werden darf. Als Fundament des Gesprächs dient in diesem Verständnis eine Ko-Präsenz, die aus dem Präsens des einen auch das des a(A?)nderen macht. Basale Setzung ist also: Das Flüchtige, le fugitif; bedeutsame Kategorie des Schwer-Mediatisierbaren. Gerade angesichts von Populärphänomenen wie der zur Festschreibung neigenden Fotografie-Welle oder des vermeintlichen Ausstellens sämtlicher Beweise der Selbstexistenz in zugänglichen Netzformen muss an den Wert des Flüchtigen erinnert werden und an die Unmöglichkeit, ihm sein Wesen zu nehmen. Nichtsdestotrotz und eben gerade daher will das Einsichtnehmen vorgenommen werden, durch eine bestimmte rhetorische Methode, zu einem bestimmten Zweck.
„Ein Interview ['intevju:] ist eine Befragung durch Fragesteller (sogenannte Interviewer) mit dem Ziel, persönliche Informationen oder Sachverhalte zu ermitteln.“[2] [2]http://de.
wikipedia.org/
wiki/Interview,
Zugriff am 15.06.08.
Neben der verbreiteten Methode, Informationen, die zum Bleiben überredet werden sollen, aus flüchtigen Netzwerken zu rekrutieren, ist also die Ermittlung durch Einsichtnahme in flüchtige Wesen entsprechend verbreitet. Zumindest ist die Technik der Befragung nur selten an Standardobjekten wie Tischen und Stühlen oder komplexeren wie Scheinwerfern, Häusern o.ä. vorgenommen worden. Auch die Befragung von Tieren blieb oft schwer als Ermittlung von persönlichen Informationen oder Sachverhalten zu formulieren (Ausnahmen bestätigen die Regel, siehe z.B.: creature comforts by Nick Park [3]), hier blieb es meist bei Befragung durch Beobachtung. Unterschieden werden [3]http://www.
youtube.com/
watch?v=
P3AAdkfiamU,
Zugriff am 15.06.08.
„im Hinblick auf die Intention der Befragung ermittelnde Interviews, bei denen der Befragte als Träger abrufbarer Informationen verstanden wird und andererseits vermittelnde Interviews, bei denen die Befragungsperson als Ziel einer informatorischen (= zu informierenden) oder beeinflussenden Kommunikation begriffen wird.“[4] [4]http://arbeits
blaetter.
stangl-taller.at/
FORSCHUNGS
METHODEN/
Interview.shtml,
Zugriff am 15.06.08.
(v) Zwischen Ermittlung und Vermittlung scheint nur ein Buchstabe Abstand zu bestehen, der jedoch ins Gegenteil verkehrt. Kann doch offenbar Manipulation im Gewand der Befragung daherkommen. Ist das Ende der Befragung schließlich erreicht, gilt es als betrüblich, die (v)Ermittlung von Informationen oder Sachverhalten der Flüchtigkeit zu überlassen – selten führt die (v)Ermittlung zum Vorübergehenlassen des (v)Ermittelten. So wird die Einsichtnahme oder auch Einsichtgabe alltäglicherweise mit einem weiteren Ziel verknüpft.
„Alltagssprachlich ist der Begriff Interview besonders im Journalismus geläufig. Dort ist ein Interview ein »Gespräch eines Journalisten mit einer Person zum Zwecke der publizistischen Verwertung«.“[5] [5]http://arbeits
blaetter.
stangl-taller.at/
FORSCHUNGS
METHODEN/
Interview.shtml,
Zugriff am 15.06.08.

In ein Interview einwilligen, sich auf ein Interview einigen, heißt also Gesprochenes publi/zi/ti/erbar werden zu lassen, Flüchtiges in Dauer zu verwandeln. Ein Gespräch zwischen Leuten ist nicht immer gleich schon ermittelnde Einsichtnahme – es bedarf der gerichteten Intention des Erfahrenwollens gepaart mit gleichzeitiger Fixierung des Ausgesagten. Eine verbalsprachliche Äußerung lässt sich – freilich – vom Wesen her nicht festhalten, daher ist es bei solcher Einsichtnahme wesentlich, sich auf das Zitierbare des Gesprochenen zu verständigen. Das in Aussicht stehende Nicht-Verschwinden des Gesagten verändert dann das Sprechen; so wird aus einem privaten Sprechen, das sich aus der Perspektive des Verschwindens als ‚auf Unzitiertheit basierend’ definieren ließe, ein öffentliches, Realität konstituierendes. Eventuell wird auf diesem Wege das, was zunächst ‚nur’ gesagt wurde zur Aussage – in der Verbindung eines Satzes mit seiner Wiederholbarkeit, die ihn zum Bezugspunkt werden lässt? Denn allein als Satz reicht er nicht aus.

[6]http://www.John.
Austin.ac.uk/
Zur Theorie
der Sprechakte/
Stuttgart 1972/
1979/S. 25.
Zugriff am 16.06.08.
„Es ist natürlich falsch, daß ein Satz eine Aussage oder Feststellung sein könnte. Vielmehr wird er benutzt, wenn der Sprecher eine Feststellung trifft. Die Aussage oder Feststellung ist ihrerseits eine »logische Konstruktion« aus lauter Handlungen, die darin bestehen, daß Feststellungen getroffen werden.“[6]
Aus einem Satz muss mehr gemacht werden – soll er doch in seiner Funktion als Mittel das Treffen der Feststellungen bezeugen. Die Schlussfolgerung sei erlaubt, die Verabredung zur ermittelnden Einsicht würde in der Hoffnung getroffen, die Sätze und Feststellungen mögen ebenfalls eine Entrevue abhalten. Der Satz als Zeuge für sein eigenes Treffen mit der Feststellung stiege im Wert. Nun stellt sich gleichzeitig jedoch ein (weiterer?) Irrtum ein im Glauben an die Feststellung, an die Zitierbarkeit.
[7]http://www.
Jacques.
Derrida.fr/Signatur
Ereignis Kontext/in:
ders/Die différance/
Stuttgart 2004/S.
68-109/hier S, 89.
Zugriff am 16.06.08.
„Jedes Zeichen [signe], sprachlich oder nicht, gesprochen oder geschrieben (im geläufigen Sinn dieser Opposition), als kleine oder große Einheit, kann zitiert – in Anführungszeichen gesetzt – werden; von dort aus kann es mit jedem gegebenen Kontext brechen und auf absolut nicht sättigbare Weise unendlich viele neue Kontexte zeugen.“[7]
Die Iterierbarkeit trägt also eben gerade nicht dazu bei, persönliche Informationen und Sachverhalte zu erhalten, im Sinne einer bewahrenden, schließenden und eingrenzenden Bewegung. Vielmehr handelt es sich um die Öffnung des Ermittelten über jegliche Bedeutung von Autor- und Empfängerschaft hinaus, um einen Öffnung in den Raum der Potentialität hinein.
[8]http://www.
Jacques.
Derrida.fr/Signatur
Ereignis Kontext/in:
ders/Die différance/
Stuttgart 2004/S.
68-109/hier S, 89.
Zugriff am 16.06.08
„Auf dieser Möglichkeit möchte ich bestehen: Möglichkeit des Herausnehmens und des zitathaften Aufpfropfens, die zur Struktur jedes gesprochenen oder geschriebenen Zeichens [marque] gehört und die noch vor und außerhalb jeglichen Horizonts semiolinguistischer Kommunikation jedes Zeichen [marque] als Schrift konstituiert; als Schrift, das heißt als Möglichkeit eines Funktionierens, das an einem gewissen Punkt von seinem »ursprünglichen« Sagen-Wollen und seiner Zugehörigkeit zu einem sättigbaren und zwingenden Kontext getrennt wurde."[8]
In dieser Bewegung werden Autorschaft und Zeichen zur marque. Dabei wird zwar in gewisser Hinsicht die Flüchtigkeit zugunsten einer Unabhängigkeit in der Iterabilität verdrängt, gleichzeitig verflüchtigen sich Kontext und Ursprung.
[9]http://www.
Jacques.
Derrida.fr/Signatur
Ereignis Kontext/in:
ders/Die différance/
Stuttgart 2004/S.
68-109/hier S, 89.
Zugriff am 16.06.08
„Was wäre ein Zeichen [marque], das nicht zitiert werden könnte? Und dessen Ursprung nicht unterwegs verlorengehen könnte?“[9]
Gegen das Verschwinden wird die Funktion der Zeugenschaft ins Feld geführt. Diese Zeugenschaft begleitet nicht erst die Verwertung der Einsichtnahme sondern schon die Zusammenkunft, denn Einsichtnehmende gelten als Repräsentierende der Anwesenheit anderer (in Formulierungen mancher Art sogar gleich doppelt).
„Der Journalist vertritt stellvertretend das Publikum.“[10] [10]http://www.
rhetorik.ch/
Auftreten/
Interview.html

Daraus lässt sich das realitätsversichernde und damit aber auch ein relitätskonstituierendes Element einer solchen Ermittlung ableiten.

.
„Die Gegenwart anderer, die sehen, was wir sehen und hören, was wir hören, versichert uns der Realität der Welt und unserer selbst.“[11] [11]http://www.
stimmen-der
-zeit.de/
StdZ_
10_06_
Schnabl.pdf, S.658. Zugriff am 15.06.08
Gemeinschaftliches Sehen und Hören wird hier als eine Art Garant von Existenz, der eigenen und der umgebenden, dargestellt – wobei im Hinblick auf subjektive Wahrnehmung fraglich bleibt, ob in der Praxis jemals von einer Übereinstimmung des jeweils Gesehenen und Gehörten ausgegangen werden kann. Den gemeinsam Anwesenden, und so auch dem Ermittler und seinem Untersuchungsgegenstand, kommt ein Status der Zeugenschaft zu (wobei noch zu fragen wäre, ob Sprechende in der Gegenwart anderer auch zu Zeugen des Selbstgesprochenen werden, durch den Fokus der Festschreibung, der auf dem Sprechen liegt).
In der Formulierung der „Gegenwart anderer“ ist ein basaler Plural enthalten – nicht die Gegenwart eines oder einer anderen scheint den versichernden Prozess zu ermöglichen, sondern das Vorhandensein einer Vielheit. Die Anwendung dieser Art der Zeugenschaft auf die minimale Form der Vielheit – zwei – stützt sich besonders auf den Status des Stellvertreters, der für viele anwesend ist. Umgekehrt ließe sich jedoch auch behaupten, dass das nicht-private Sprechen ein stellvertretendes Sprechen für viele ist. Denn eine Einzelmeinung birgt ebenfalls immer die Möglichkeit der Stellvertretung (wenn es schließlich um die Menge der Einzel-Meinungen geht, müssen demographische Erfassungen vorgenommen werden).
Nicht umsonst wird die Einsichtnahme zuvorderst im journalistischen Milieu angesiedelt, denn die Vermittlung des Ermittelten entlässt den Stellvertreter aus seiner Position, indem das Bezeugte sich von ihm und der Situation der Ermittlung löst und seinen Weg zum Publikum antritt; sei es über Kameras in einer Live-Schalte, in textlicher Form einen Tag später etc. Spätestens wenn die Verwertung erfolgt, die für den Stellvertreter als Pflicht in seiner Funktion auftritt und der Marque-ierungsprozess intermedial in Gang gesetzt wird, geht es um weitere und in der Zeit andauernde Zeugenschaft. Die räumlich und zeitlich abwesenden Personen treten in den Fokus, die schließlich auch in der Abwesenheit des Stellvertreters Kenntnis gebracht bekommen sollen; ein historisches Anliegen.
[12]Derrida zitiert (!) Condillacs Worte von 1746. http://www.Jacques Derrida.fr/Signatur Ereignis Kontext/in: ders/Die différance/Stuttgart 2004/S. 68-109/hier
S, 74. Zugriff am 16.06.08.
"»Nachdem die Menschen in der Lage waren, einander ihre Gedanken durch Laute mitzuteilen [communiquer], empfanden sie die Notwendigkeit, sich neue Zeichen [signes] auszudenken, um sie fortbestehen zu lassen und sie abwesenden Personen zur Kenntnis zu bringen.«"[12]
Die verbalsprachlich ausgeführte (und medial verwertete) Ermittlung steht in der philosophischen Tradition Platons, der den Dialog als Denk- und Erkenntnisprozesses setzt, und in der der Dialog mit sich selbst die Grundlage bildet. Das Gegenüber der Sprechenden steht als Position, die „fragt, zweifelt, zustimmt“, die Erbschaft des Platonischen Dialogs kann im Wesen der Befragung daher stets spürbar werden.
[13]http://www
.Friedrich Schlegel.de/
Kritische Friedrich-
Schlegel-Ausgabe/
hrsg. von Ernst Behler
unter Mitw. von Jean-
Jacques Anstett [u.a.]/
Paderborn 1958ff./
Bd.11, S. 119.
[14]http://www.
Platon.gr/Theaitet
189e6/7; ähnlich auch http://www.
Platon.gr/Sophistes
263e3-5.
[15]Vgl.: http://www.
Platon.gr/Theaitet
190a2-4.
[16]http://www.
Thomas Paulsen und Rudolf Rehn.de/Nachwort zu Platon: Das Gastmahl/
Stuttgart 2008, S. 114f.
„Der Dialog ermöglicht, wie es treffend bei Friedrich Schlegel heißt, »die Darstellungen des gemeinschaftlichen Selbstdenkens«[13], da Denken für Platon »ein Gespräch der Seele mit sich selbst« ist.[14] Denken hat für Platon also immer schon ein Gegenüber, das fragt, zweifelt, zustimmt, bis »die Seele zu einer Feststellung gelangt ist, auf ihr beharrt und nicht mehr zweifelt«.[15] Diese dialogisch gewonnene Einsicht hat sich dann im Dialog mit anderen »wie in einer Schlacht« zu bewähren und sich in ihrem Wahrheitsanspruch zu legitimieren, indem sie sich gegen kritische Einwände behauptet. (Schön wird in Platons Staat (534c/d) beschrieben, wie sich die Einsicht im Dialog kämpferisch zu behaupten hat.) Im Gegensatz zur Rede also, in der Platon primär ein Instrument der sophistischen Überredungskunst sieht, handelt es sich bei dem Dialog um ein Mittel der philosophischen Erkenntnis- und Wahrheitssuche.“[16]
Wichtig am Dialog ist die Verschiedenheit der Positionen, die selbst im Gespräch mit sich selbst vorhanden sein muss, denn ohne Gegenrede kein Erkenntnisgewinn. Zudem gehört zum Wesen des Dialogs die Bewegung und Reibung der Positionen,
[17]http://www.Peter Szondi.de/Theorie des modernen Dramas/Frankfurt 1966, S. 19. Zugriff am 29.06.08.
„die je und je geleistete und wieder ihrerseits zerstörte Aufhebung der zwischenmenschlichen Dialektik, die im Dialog Sprache wird.“[17]
Der Dialog braucht also mehrere Stimmen, die „je und je“ leisten, jedoch solche, die sich durch eine gewisse Unvermitteltheit auszeichnen,
[18]http://www. Philippe Lacoue-Labarthe und Jean-Luc Nancy.fr/Dialog über den Dialog/In: Joachim Gerstmeier und Nikolaus Müller-Schöll (Hrsg.)/Politik der Vorstellung. Theater und Theorie/Berlin 2006, S. 20-42, hier S. 21. Zugriff am 29.06.2008.
„[…]daß es nicht ein anderer, etwa ein Erzähler, ist, der etwas äußert.“[18]
[19]Vgl.: http://www.Eva Holling.de/LOG-
Buch/In: Malda Denana
et al. (Hg.)/ BLICK.SPIEL.FELD
/Würzburg 2008, S. 369-376, hier S. 371. Zugriff am 29.06.08.
Ich und ich (französisch gelesen: je und je) werden selbst zur Äußerung herangezogen. Ohne Umschweife, ohne Filter durch einen anderen werden (dramatische, da der Dialog Form des Dramas ist) Positionen erst einmal gesetzt, und zwar dialogisch, es zählt nie nur eine Position.[19]
[20]http://www.Peter Szondi.de/Theorie des modernen Dramas/Frankfurt 1966, S. 14f. Zugriff am 15.06.08.
„Das sprachliche Medium dieser zwischenmenschlichen Welt aber war der Dialog.“[20]
Interview verweist auf einen Zwischen-Raum, der anzeigt, dass sich jemand oder etwas an einem Ort positioniert, wo mehr als eine Position gegeben ist.
[21]http://www.
Peter Szondi.de/Theorie des modernen Dramas/Frankfurt 1966, S. 14f. Zugriff am 29.06.08.
„Der Mensch ging ins Drama gleichsam nur als Mitmensch ein. Die Sphäre des 'Zwischen' schien ihm die wesentliche seines Daseins […]. Alle dramatische Thematik formulierte sich in dieser Sphäre des 'Zwischen'.“[21]
[22]http://www.
Eva Holling.de/
LOG-Buch/
In: Malda
Denana et al. (Hg.)/
BLICK.SPIEL.FELD/
Würzburg 2008,
S. 369-376, hier S. 374f. Zugriff am 15.06.08.
„Zwischen Dichotomien, zwischen Positionen und Instanzen; zwischen etwas kann nur sein, was sich in einer Mehrheit aufhält: Mindestens drei sind als Parteien einer kondensierten Form des Raumes zu denken, der ein Zwischen ermöglicht – zwei Pole und das Zwischen (Sandwich?[small sandwiches with meat, (not Doner Kababs)]). Das Zwischen lebt davon, dass es sich Platz verschafft in der Anordnung der anderen, zwischen diejenigen kriecht, die sich nicht so weit überlagern, das sie eins werden.“[22]
Ob der Dialog mit sich selbst in die Welt der Selbstverdopplung, des Selbstzitierens führt?
Die Auswahl derer, die unter solchen Voraussetzungen der Ermittlung unterzogen werden, erscheint nie beliebig. Es ist vorstellbar, dass der Zufall entscheiden soll, an wem sich die Einsichtnahme vollzieht; in der Situation der Ermittlung und ihrer Verwertung jedoch bekommen alle jeweils einzelnen Sprechenden die Autorität des Aussagens übermittelt: An die Sprechenden wird sich mit dem Anspruch der Ermittlung gewandt. Diese Autorität mag willkürlich – wie jede Autorität – erscheinen, im Moment der Aussage erhält die Aussage jede Rechtfertigung durch sich selbst und durch den Anspruch, der ihr entgegengebracht wird. So werden in einer solchen Begegnung alle Befragten zum sujet supposé savoir (nach Lacan, évidemment), der Unterstellung ausgesetzt, Wissen zu besitzen und eine Aussage treffen zu können.
So wird aus dem sujet supposé savoir gleichzeitig ein sujet supposé enoncer/s’exprimer, da der Anspruch besteht, dass das unterstellte Wissen in der vorliegenden Situation mitzuteilen sei. Diese Ansprüche bilden und artikulieren sich schon vor den Worten in der Entrevue, sie sind Motor und Anlass zum Formulieren der Ansprache, ohne sie kommt die Ermittlung, die Wendung an den Anderen, nicht in Gang.
Diesen Ansprüchen entgegenzutreten ist Aufgabe der Angesprochenen – Die Neigung, sie umgekehrt jedoch auch zu erzeugen und zu erhalten, zeigt sich, wenn mit dem Öffentlichsprechen einer Person ihr Umgang mit der auf sie gerichteten Aufmerksamkeit erforderlich und eben auch attraktiv wird. Bisweilen bedeutet dann zur Marque werden auch zur Marke (auf dem Markt) werden (wollen).